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Gandhi, Mohandas Karamchand, gen. „Mahatma“ („Große Seele“)
(1869 – 1948)

Gandhis historische Bedeutung liegt in seinem Eintreten für Gewaltlosigkeit, dem Erfolg im passiven Widerstand und zivilen Ungehorsam bei der Durchsetzung seiner politischen Ziele.

Gandhis Einsatz für die vorbehaltlose Gleichberechtigung beginnt auf einer Bahnfahrt durch Südafrika, wo er die Demütigung durch die Weißen am eigenen Leib zu spüren bekam, obwohl er als Rechtsanwalt eine durchaus privilegierte Position inne hat. Gandhi kämpfte fortan für die Rechte der eingewanderten Inder und entwickelte die Prinzipien des Satjagraha, des unbedingten Festhaltens an der Wahrheit. Für gezielte Gesetzesübertretungen nahmen Gandhi und seine Mitstreiter bewußt Haftstrafen in Kauf; Gandhi verbrachte insgesamt 2089 Tage seines Lebens in Gefängnissen.

John Ruskins Hauptwerk UNTO THIS LAST gab Gandhi den Anstoß, allem Materiellen zu entsagen. Er begann, alle Arbeiten selbst zu tun, sich selbst die Haare zu schneiden und selbst die Toilette zu säubern, unwürdige Arbeiten für einen Mann seines Standes. Seine gesammte Philosophie, seine asketische Lebensart, seine Motivation zur Durchsetzung der eigenen Überzeugungen waren tief in der hinduistischen Religion verwurzelt. Höhepunkt Gandhis weltlicher Loslösung ist seine Annahme des Brahmacharya-Standes. Brahmacharya bedeutet absolute sexuelle Abstinenz, die Kontrolle aller Sinne und die Unterdrückung von Emotionen wie Ärger, Haß und Wut; ebenso bedeutet es hingebungsvolle und selbstlose Nächstenliebe. Nächstenliebe ist die letzte notwendige Entscheidung, um den Weg des Asketen zu gehen und darüber das Ziel der Selbstumwandlung zu erreichen.

Seinen gewaltlosen Kampf führte Gandhi auf seine Lektüre des Buches UNGEHORSAM GEGEN DEN STAAT von Henry D. Thoreaus zurück. Mit Massenbewegungen gegen britische Wirtschaftsinteressen (z.B. für häusliches Weben, heimische Salzherstellung) suchte er nach dem Ersten Weltkrieg die ökonomische Basis der Briten zu schwächen und das Gefühl einer eigenständigen indischen Identität zu stärken, Voraussetzung für seinen Traum eines unabhängigen Indien. Unter Gandhis Führung wird es zur Ehrensache, die englischen Kolonialisten durch Boykott all ihrer Maßnahmen, Verordnungen und Produkte (`be Indian, buy Indian´) zu behindern und Repressalien in Kauf zu nehmen. Eine der spektakulärsten Maßnahmen war der Salzmarsch von Ahmedabad an die Küste: Das Rohstoff-Monopol und damit das der Salzgewinnung lag allein in den Händen der Engländer. Gandhi machte sich mit tausenden von Anhängern auf den Weg zum Meer, wo jeder eine handvoll Wasser in der Sonne verdunsten ließ, bis nur das Salz übrigblieb.

Er trägt bereits sein selbstgefertigtes Baumwolltuch. Das Spinnen und Weben der eigenen Kleidung war für ihn wie für viele andere Protest gegen den britischen Imperialismus und zugleich Teil seiner persönlichen religiösen Meditation.

Die Unabhängigkeit Indiens am 15.08.1947 war zugleich der Beginn neuer bürgerkriegs-ähnlicher Kämpfe zwischen Hindus, Muslimen und Sikhs, der Massenflucht von Muslimen aus Indien und von Hindus aus dem neugeschaffenen Ost- u. Westpakistan. Dabei kam es von beiden Seiten zu Überfällen auf Dörfer und Flüchtlingszüge und zu schrecklichen Gemetzeln. Aus Protest tritt Gandhi in den Hungerstreik mit dem Ziel, nicht eher einzulenken, bis Hindu- u. Moslemführer miteinander Frieden schließen. Eine einzelne Person erwies sich durch das Riskieren des eigenen Lebens als stärker als eine ganze Armee. Wenige Monate später, am 30.01.1948, wurde Mahatma Gandhi von dem radikalen Hindu Nathuram Godse während seines abendlichen Gebetes in Dehli erschossen. Er storbt mit den Worten `He Ram´ - `Gott´.